Die Landesberatungsstelle neues Wohnen und das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung haben eine Exkursion zu einem Projekt nach dem Prinzip des Mietshäuser Syndikats in Heidelberg organisiert.
Neben Wohnprojekten von Mietern und Eigentümern sowie Genossenschaften stellt die Rechtsform des Mietshäuser Syndikats eine weitere Form dar, wie man sich als Wohnprojekt organisieren kann. Dies ist der Grund, warum wir uns als Landesarbeitsgemeinschaft Gemeinsames Wohnen mit dieser Organisationsform aktuell befassen.
Dass wir dazu über die Landesgrenze fahren mussten, ist der Tatsache geschuldet, dass es trotz der schon über 200 Projekte realisierten Projekte, bisher noch keines in Rheinland-Pfalz gibt. Aber es gibt in einigen Städten von RLP bereits Gruppen, die Projekten nach dem Mietshäuser Syndikat evaluieren.
Grundprinzip des Mietshäuser Syndikats:
Es ist ein Dachverband selbstorganisierter Hausprojekte, die sich der Idee des Solidartransfers von bestehenden Altprojekten zu neugegründeten Projekten verpflichtet haben.
Rechtlich basiert jedes Projekt auf einer Haus GmbH mit zwei Gesellschafterinnen: Einem Mieterverein und der Mietshäuser Syndikat GmbH. Der Mieterverein kann weitgehend selbst die Verwaltung und Ausgestaltung des Projekts bestimmen. Nur bei Hausverkauf oder Satzungsänderungen hat das Syndikat ein Vetorecht, damit das Projekt nicht privatisiert werden kann. In allen anderen Fragen kann der Mieterverein frei agieren, er ist aber auch für das Aufstellen eines Finanzierungskonzepts verantwortlich und muss ggf. Direktkredite einwerben oder Eigenleistungen einbringen. In dieser Konstruktion sind die Mieter auch die Besitzer des Hauses, aber eben ohne Veräußerungsrecht und Beteiligung an der Wertentwicklung.
Die Form des Mietshäuser Syndikats ist von der Grundidee einer Genossenschaft sehr nahe, aber ohne die aufwändige Gründung und Fortführung einer Genossenschaft in engen Regularien. Zudem kann das breit aufgestellte Mietshäusersyndikat als bundesweite Dachorganisation Projekte besonders in der Gründungsphase mit Know-How und Kapital unterstützten.
Weitere Informationen und eine Übersicht über alle realisierten und geplanten Projekte sind auf der Webseite https://www.syndikat.org/ zu finden.
Einblicke in das Collegium Academicum (CA) Heidelberg
Die Exkursion begann mit einem Vortrag in der großen Aula des CA. Engagierte studentische Bewohner*innen präsentierten die Entstehungsgeschichte und das Konzept des Projekts. Nach dem Vortrag folgte eine Führung, die von den Studierenden begleitet wurde. Dabei konnten die Teilnehmenden einen guten Eindruck von gemeinschaftlich genutzten Flächen, wie auch den privaten WGs bekommen – vielen Dank noch einmal an die Studierenden des CA für die Einblicke, die wir gewinnen konnten!
Die Führung bot einen direkten Einblick in das Leben im Collegium Academicum. Besonders auffällig war die konsequente Umsetzung gemeinschaftlicher und nachhaltiger Prinzipien:
• Wäscheständer stehen nicht in den Wohnungen, sondern sind vor dem Waschsalon aufgereiht.
• Zahlreiche Fahrräder an den vielen Ständern zeigen die umweltfreundliche Mobilität der Bewohnerinnen und Bewohner.
• Die Barrierefreiheit wird angestrebt, ist jedoch nicht überall vollständig umgesetzt – etwa ist die Fahrradwerkstatt nur über eine schmale Treppe erreichbar.
• Die Gartenanlage beeindruckte mit ihrem Permakulturanteil, der sich noch im Aufbau befindet.
Historie und Architektur des Collegium Academicum
Das Projekt hat eine lange Entwicklungszeit von 13 Jahren hinter sich. Interessanterweise sind die ursprünglichen Gründerinnen und Gründer aufgrund dieser langen Dauer nicht selbst eingezogen. Das Gebäude selbst überzeugt durch seine nachhaltige Architektur: Es handelt sich um einen modernen Holzbau mit einer großen Photovoltaikanlage.
Eine Besonderheit ist, dass die 4 WG-Zimmer einer 80qm großen WG von den Bewohnern fast ohne Werkzeug von 7 auf 14qm vergrößert bzw. verkleinert werden können. Dies ist ohne Trockenbau und Baufirma in Eigenarbeit möglich. Allerdings bedeutet größeres eigenes Zimmer immer auch entsprechend weniger Gemeinschaftsfläche der WG. Jede WG entscheidet selbst, ob wie groß der gemeinsame Raum und wie klein oder groß die eigenen Zimmer sind. Die WG, die wir besuchen durften, hatte sich für 4 kleine und viel Gemeinschaftsfläche entschieden. Die Miete für ein WG-Zimmer ist mit 375€/Monat warm unabhängig von der eigenen Zimmergröße und liegt für Heidelberger Verhältnisse auf einem sehr guten Preisniveau, v.a. wenn man die zusätzlichen Möglichkeiten durch die Gemeinschaftsflächen berücksichtigt.
Finanzierung des Projekts
Die Finanzierung des Projekts wurde ausführlich erläutert. Diese setzt sich aus verschiedenen Quellen zusammen: Ein zentraler Baustein und die Voraussetzung, ein Projekt auf Basis des Mietshäuser Syndikats zu gründen, ist eine Eigenkapitalquote von 25%. Diese wurde im CA durch viele kleine und große Kreditgeber von nachrangigen „Direktkrediten“ erreicht und durch Eigenleistung von Bewohnenden und aus dem Freundes- oder Verwandtenkreis. Dazu kamen erhebliche Fördermittel der Stadt Heidelberg (studentischer Wohnraum), der KfW (z.B. für den Energiestandard KfW 40+) und von Land und EU. Dazu spielte das Mietshäuser Syndikat eine wichtige Rolle bei der Anschubfinanzierung und dem notwendigen finanziellen Know-How, um das Ganze auf die Beine zu stellen.
Im Ergebnis wird 250 Student*innen Wohnraum geboten mit Warmmieten von 375€/Monat. Darin sind auch Nutzung von Gemeinschaftsflächen wie einer großen Aula für Feiern, Garten, Waschraum etc. abgedeckt.
Wann eignet sich ein des Mietshäuser Syndikats für Wohnprojekte?
• Wenn Eigenkapital in Form von Direktkrediten und/oder in Form von Eigenleistungen eine ausreichende Basis sind, um günstige Bankkredite zu erhalten.
• Wenn alte/renovierungsbedürftige Häuser günstig erworben werden können oder vererbt/verschenkt werden.
• Wenn auf Fördertöpfe zurückgegriffen werden kann, z.B. für die energetische Sanierung, Denkmal, geförderte Wohnungen etc.
• Wenn hohe Kosten für das Grundstück über eine Erbpacht abgemildert werden.
Die sehr hohen Kosten von Neubauten in größeren Städten würden aufgrund der aktuellen Zinsen zu hohen Mieten in den Anfangsjahren führen, wenn die Kredite überwiegend zu Markkonditionen finanziert werden müssten und nur geringe Anteile von Eigenleistung möglich sind. Solche Projekte würden sich aktuell nur schwer nach dem Muster des Mietshäuser Syndikats entwickeln lassen.
Im nächsten Online Gesprächsforum der LAG GeWo RLP am 28.4.2025 um 17:00 Uhr hat das Mietshäuser Synikat zum Thema..